Wellness Boom hält nach wie vor an
Nach wie vor kann man in Deutschland und Europa von einem Wellness Boom reden. Das Wort „Wellness“ ist immer noch sehr beliebt. Selbst auf den Lebensmitteln taucht dieses Wort auf. Es wurde sogar auf einer Salami gefunden und bedeutet nicht anderes als: diese Wurst hat weniger Fett.
Der Begriff Wellness hat keine eindeutige Bedeutung. Es wird genauso oft mißbraucht wie gebraucht. Bei den Getränken ist der Trend noch ausgeprägter, als bei anderen Artikeln. Obwohl die Getränke oft bei Tests durchfallen (die versprochenen Inhalte sind fast nie zu finden), stehen sie im Trend und werden vielfach gekauft. Denn der Irrtum: „Wellness muss was Gutes sein“ ist in den Köpfen.
Aber nicht nur bei Artikeln, auch im Tourismus ist der Begriff Wellness sehr beliebt. Beinahe jedes Hotel bietet in irgendeiner Weise Wellness an. Und seien es nur Bademäntel. Das Wort Wellness muss meist auch entsprechend entlohnt werden. Wo Wellness draufsteht, das darf mehr kosten. Immer wieder hört man Klagen, wie teuer das Leben geworden ist.
Wellness Produkte kosten oft mehr Geld
Aber Wellnessprodukte und –dienstleistungen dürfen mehr kosten, nur weil Wellness draufsteht. Auch wenn es Lüge ist, das sieht man dem Produkt, der Dienstleistung von außen nicht an. Die Umsätze der Wellness-Branche steigen steigen und steigen, während durch weite Teile der Wirtschaft rote Zahlen schreiben.
Wen wundert das bei diesen Versprechungen: Wellness soll aus Lebenskrisen helfen, länger jung halten, für den harten Arbeitsalltag fit machen, zu mehr Sinnlichkeit und neuer Lebenslust verhelfen und was dergleichen Versprechungen, Aussagen oder ähnlichem mehr sind.
Wellness wird vielfach wie eine Marke gebraucht, und das ohne Sinn und Verstand. Und weil vielfach darauf „reingefallen“ wird würden die Firmen nie auf die Idee kommen, Wellnessprodukte wieder dahin zurückzuführen, wo sie herkommen. Der Ursprung des Wortes Wellness ist „Natur“.
Wellness Produkte gibt es schon immer
Viele der Wellness-Verwöhnprogramme von Aqua-Balancing bis Zupfmassage sind eigentlich sehr alt: Schon die Römer ließen sich in Dampfbädern massieren. Die Orientalen taten es ihnen in den Hamams nach. Die Inder kennen mit dem Ayurveda seit Jahrtausenden typgerechte Wellness-Kuren.
Und die Skandinavier entwickelten mit ihrer Saunakultur einen frühen Prototypen der Wellness-Oase. Der moderne Mensch hat hier mittlerweile wieder Nachholbedarf. Sein verspannter Muskelapparat erinnert ihn immer daran, dass ihm Bewegung fehlt. Stress nagt an den Nerven, Fehlhaltungen schmerzen, Speckröllchen wachsen.
Hier ist Wellness gefragt, weil vielen Menschen Körpergefühl und Sinnlichkeit abhanden gekommen sind: Wo im Alltag keine Zeit bleibt für Düfte, leise Klänge, lange Bäder und intensive Berührungen, keimt die Sehnsucht nach Wellness.
Zwar reagieren halten viele Menschen Wellness mittlerweile für ein inhaltsloses Allerweltsetikett, mit dem vor allem die Werbung gerne hausieren geht. Für andere aber ist Wellness eine Art Lebenselixier und ein Widerstandskonzept gegen den stressenden Alltag.
Wellness steht für ganzheitliches Wohlbefinden
Wellness steht für ganzheitliches Wohlbefinden, für Genussfähigkeit und einen pfleglichen Umgang mit sich selbst. Wellness soll das Verhältnis zu sich, aber auch zu anderen verbessern. Es verspricht Entspannung, Harmonie, Erholung sowie Stressbewältigung. Und es kommt der Sehnsucht nach einer Balance von Körper, Geist und Seele entgegen.
Fragt man, was Kunden konkret von Wellness erwarten, fällt auf, dass die Psyche eine zentrale Rolle spielt. Im Auftrag der Zeitschrift Journal für die Frau wurden 1060 Frauen nach ihren Assoziationen zum Begriff Wellness befragt. Psychologische Motive rangierten weit oben: Zufriedenheit und Lebensfreude, Selbstbewusstsein, Sinnfindung und Selbstverwirklichung.
Viele versprechen sich eine „seelische Veränderung“. Und rund 95 Prozent der Befragten verbinden mit Wellness vor allem „Verwöhnen“ und „Sich-etwas-gönnen“. Die Werbung bedient solche Sehnsüchte nach Kräften und lockt mit Formeln wie „Lassen Sie die Seele baumeln“, „Trinken Sie aus der Quelle innerer Kraft“, oder „Endlich Zeit für Gefühle“.
Diese psychischen und emotionalen Motive sind aus Konzepten der Gesundheitspsychologie längst bekannt. Die österreichische Psychologin Elisabeth Honemann ist deshalb überzeugt, dass Wellness im Grunde klassischen Aufgaben der Gesundheitspsychologie entspricht: „Übersetzt man die Wellnessangebote in psychologische Begriffe und Konzepte, geht es dabei um Ziele wie Stressverarbeitung, erlebte Selbstwirksamkeit, um Vitalität und Genussfähigkeit.
Auch ein positives Selbstkonzept spielt eine wichtige Rolle.“ Honemann sieht deshalb keinen Grund, den Boom als Geldmacherei oder Hysterie einer gestressten Schickeria abzutun: „Mag man den Wellness-Boom auch eher kritisch sehen, so dürfen wir doch nicht übersehen, dass hinter den Umsatz- und Buchungszahlen der Wunsch nach mehr Wohlbefinden, nach Erholung und einem besseren Umgang mit Belastungen steht.“
Wellness ist ein psychologisches Thema
Auch Lutz Hertel, Psychologe und Vorsitzender des Deutschen Wellness-Verbandes, ist dieser Ansicht: „Ich habe in den vergangenen zwölf Jahren die Erfahrung gemacht, dass Wellness im innersten Kern ein rein psychologisches Thema ist.“
Wellness muss eine enorme Bandbreite an seelischen Bedürfnissen befriedigen, bei denen sich längst nicht mehr alles nur um das momentane Wohlbefinden alleine dreht.
Zu diesem Schluss kommt die Delphi-Studie der GIM: Als eine Art Therapieersatz soll Wellness neue Kraft und Lebensfreude schenken, Zuwendung und ein gutes Körpergefühl vermitteln und auch noch bei der Suche nach Sinn und Identität behilflich sein.
Auf der körperlichen Ebene soll es eine aktive, selbstverantwortliche Gesundheitsvorsorge sein: „Es gilt zunehmend, die Ressourcen für ein erfolgreiches und erfülltes Leben sicher zu stellen. In diesem Zusammenhang wird Wellness immer stärker als Mittel für das Selbstmanagement betrachtet“, fasst Godehart Wakenhut, Studienleiter bei der GIM, die Ergebnisse zusammen.
Konsumenten sehen Wellness heute auch als Weg zur Selbstoptimierung und damit als Schlüssel für ein erfolgreiches Leben. In ihren Vorstellungen schafft es nicht nur Wohlgefühl und Entspannung, sondern auch Leistungsfähigkeit und „Performance“ nach außen.